Einst war Blanche Monnier eine wunderschöne junge Frau aus gutem Haus, die ihre Liebe fand und kurz davor stand, ihr Glück zu vervollständigen. Dann schlug die Tragödie in vollem Ausmaß zu und sie landete in der kalten Dunkelheit, aus der es kein Entrinnen gab.
- Labchir, Lara (Autor)
- Labchir, Lara (Autor)
Blanche Monnier war eine französische Prominente. Eine vereitelte Liebe führte dazu, dass sie über 25 Jahre bestialisch in Einsamkeit auf dem Dachboden gefangen gehalten wurde. Eine Geschichte, die sich unvorstellbar anhört. Doch Blanche Monnier durchlebte dieses Martyrium in Frankreich. In ihrem Heimatland wurde sie als Eingesperrte Frau von Poitiers (la Séquestrée de Poitiers) bekannt.
Blanche Monnier – Die Eingesperrte Frau
1874 war Blanche Monnier, 25 Jahre jung, eine wunderschöne junge und gut erzogene Dame. Sie liebte das Leben und entdeckte gerade das erste Mal die Wunder der Liebe. Ihre Wahl fiel auf einen jungen -jedoch mittellosen- Anwalt. Das missbilligte ihre Mutter Louise Monnier Demarconnay derart, dass sie wütend wurde und versuchte die Verbindung zwischen den beiden zu brechen. Als sie merkte, dass dieses nicht gelang, sperrte sie ihre Tochter in den dunklen Dachboden ein. Es war nur ein sehr winziger, kalter und dunkler Raum, in dem es keine Freude, kein Leben gab.
Blanche Monnier dachte zunächst, es wäre nur ein kurzzeitiger Zustand. Doch ehe sich die junge Dame versah, lief die Zeit um sie herum so rasend schnell, dass sie plötzlich eine alte Frau wurde. Als sie aus dem Gefängnis gerettet wurde, waren bereits unfassbare 25 Jahre vergangen. Damals vor 25 Jahren war sie attraktiv, sexy würde man heute sagen, sie hatte viele Bewerber für eine Ehe. Doch ihre Wahl auf einen mittellosen Anwalt und das führte dazu, das Blanche Monnier 25 Jahre ihres Lebens verlor und zur alten Frau wurde.
Familie hielt zusammen
Es war nicht nur die Mutter von Blanche Monnier, die diese grausamen Taten vollzog. Auch ihre Bruder Marcel Monnier wusste von der Tragödie und schwieg. Ebenso der Vater, der bereits 1879 verstarb. Die Familie gab vor, das Blanche Monnier verstorben sei. Große Fragen wurden nicht gestellt.
Erst am 23. Mai 1901 wurde sie entdeckt. Der Generalstaatsanwalt aus Paris bekam einen anonymen Brief zugesandt. Der Inhalt erläuterte, dass eine Frau gegen ihren Willen in der Straße 21 rue de la Visitation (Paris) gefangen gehalten wurde. Zur damaligen Zeit, galt die 21 rue de la Visitation als sehr noble Wohngegend. Wer dort wohnte, hatte nicht nur Geld, sondern auch gesellschaftliches Ansehen.
Der Brief auf französisch enthielt unter anderem die folgenden Worte:
„Monsieur Generalstaatsanwalt: Ich habe die Ehre, Sie über einen außergewöhnlich schwerwiegenden Vorfall zu informieren. Ich spreche von einer Jungfer, die in Madame Monniers Haus eingesperrt ist, halb verhungert und seit fünfundzwanzig Jahren auf einer fauligen Sänfte lebt – mit einem Wort, in ihrem eigenen Dreck.“
Damals kannte die Polizei natürlich noch fast jeden, besonders in den noblen Gegenden. So war man über die Anschuldigungen gegen die Familie Monnier zunächst verwundert. Die Mutter von Blanche Monnier war bereits 75 Jahre alt und mittlerweile Witwe. Ihr Sohn, der Bruder von Blanche, lebte ebenfalls noch in der 21 rue de la Visitation. Sie entsprangen der aristokratischen Familie Poitiers, die in Paris als sehr angesehen galten. Aus diesem Grunde wurde Blanche als Die Eingesperrte Frau von Poitiers (la Séquestrée de Poitiers) bekannt.
Die Befreiung der Blanche Monnier
Ohne lange zu zögern, verschaffte sich die Polizei Zutritt zu dem Haus und fand am Ende die vollkommen abgemagerte und stark gealterte Blanche Monnier in unwürdigen Zuständen.- Noch immer im Dachboden eingesperrt. 25 Jahre waren vergangen. Sie vegetierte auf einem Laken voller Essensresten und Kot. Die mittlerweile 49-jährige Frau wurde verwirrt, nackt und vollkommen verängstigt vorgefunden. Sie wog bei ihrer Befreiung nicht einmal mehr 29 Kg.
Die Polizisten versuchten das alte Fenster zu öffnen. Im Polizeibericht wird dabei erwähnt, dass sie den schweren Vorhang bewegten, sich dabei eine massive Staubschauer ergab. Erst nachdem sie die Scharniere entfernten, konnte das morsche Fenster geöffnet werden.
Es stank bestialisch. Als das Tageslicht den Raum erhellte, konnte man das ganze Ausmaß erkennen. Blanche Monnier, nicht wiederzuerkennen, eine zerbrechliche Gestalt, bewegte sich auf der verdreckten Strohmatratze kaum noch. Zwischen den verfaulten Essensresten und den Exkrementen liefen Käfer herum. Die Polizisten haben den Anblick der Eingesperrten Frau, la Séquestrée de Poitiers, nie vergessen.
Befragt zu den Gründen, gab ihre Mutter vor, dass ihre Tochter Blanche Monnier keinen mittellosen Anwalt hätte heiraten können. Der Anwalt verstarb 1885 unerwartet, lange bevor man Blanche fand. Sie wollte ihr Kind und den Familiennamen vor der großen Blamage bewahren.
Das Leben danach
Blanche Monnier kam sofort ins Krankenhaus. Sie hatte weiterhin eine große Abneigung gegen Licht. Immerhin verbrachte sie 25 Jahre in vollkommener Dunkelheit.- In einem Raum, in dem das Fenster nie geöffnet wurde.
Ihr Bruder Marcel Monnier verteidigte weiterhin das Vorgehen ihrer Mutter und bezeichnete Blanche als faul, voller Wut und verwöhntes Girl. Er gab an, das sie verrückt geworden sei und selbst wünschte, diesen Raum nicht mehr verlassen zu wollen.
Erst nach und nach wurde die ganze Wahrheit bekannt. Es wurde sogar vermutet, das sie ein Kind aus der Liaison mit dem mittellosen Anwalt zur Welt gebracht hat. Ihre Mutter soll alles versucht haben, die beiden auseinander zu bringen. Als das nicht gelang, soll sie mit ihrem Sohn einen perfiden Plan entwickelt haben, um die große Schande zu vermeiden.
Schreie und Flehen
Zeugen gaben jedoch später vor Gericht an, immer wieder ein Schreien und Flehen aus dem Haus gehört zu haben. So bereits schon am 16. August 1892, als ein Zeuge später in der Verhandlung angab, folgende Worte von Blanche gehört zu haben: Was habe ich getan, um eingesperrt zu werden? Ich verdiene diese schreckliche Folter nicht. Gott muss also nicht existieren …
Doch die Befreiung konnte erst 1901 gelingen. Keiner traute sich, nur ein Wort zu sagen. Ihre Mutter Louise Monnier Demarconnay wurde am nächsten Tag festgenommen. Vor dem Gefängnis versammelten sich Menschenmassen. Nur 15 Tage später verstarb Louise an einem Herzinfarkt. Der Prozess richtete sich nun nur noch gegen ihren Bruder Marcel. Mit dem Urteil vom 11. Oktober wurde er für schuldig befunden und zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt. In dem Berufungsverfahren wurde er jedoch frei gesprochen und aus dem Gefängnis entlassen.
Das bittere Ende
Für Blanche Monnier gab es auch danach kein Glück. Sie hatte zwar nach und nach ein wenig Gewicht zugelegt, ihr Geisteszustand wurde aber als verwirrt bezeichnet. Sie starb 1913 in Blois, in einer psychiatrischen Klinik. 12 Jahre nach ihrer Befreiung.